Predigt von Pastor Christoph Rehbein am 8. Januar 2023 über Matthäus 2, Verse 1-12

 

 

 

Liebe Gemeinde,

da steckt viel Nüchternheit drin in diesem Lied (EG ref 548):

Die Weisen sind gegangen.
Der Alltag hat in jedem Ding nun wieder angefangen...

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht mit dem Abräumen des Weihnachtsschmucks.
Ich tue mich immer etwas schwer damit, das Fest der Lichter zu verabschieden.
Ich habe Verständnis für meine katholischen Freunde, die sich Zeit lassen damit - bis zum 2. Februar. Mariä Lichtmess. Andererseits begann der Advent diesmal schon früh.
Und vielleicht ist es nun auch mal gut nach über 40 Tagen Kerzen am Adventskranz.
Zuletzt verstärkt durch den Glanz des Weihnachtsbaums.
Es gibt drei Bundesländer, die den 6. Januar, den Epiphaniastag, als gesetzlichen Feiertag noch pflegen: Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt.
Epiphanie, das Fremdwort bedeutet: Es leuchtet, es scheint auf der Glanz Christi!

Ich finde, es macht guten Sinn, die zweite Weihnachtsgeschichte auf diese Weise aufzuwerten.
Die wir heute als Predigttext hörten.
Die immer ein wenig im Schatten von Lukas 2 steht. Wo mit Augustus begonnen wird und wir die Hirten an der Krippe vorfinden.
Diese Legende hier ist vielleicht weniger romantisch. Nüchtern ist hier von einem Haus die Rede, das den Messias beherbergt.
Allein, der Stern leuchtet sehr hell.
Wir haben bei uns zuhause nach dem 6. Januar den Herrnhuter Stern noch hängen lassen. Auch dieser Geschichte zu Ehren, die Weihnachten für die meisten Protestanten abschließt.
Lassen Sie uns mal schauen, ob das Fest nicht doch irgendwie weitergehen kann. Unter dem Licht dieses Sterns, das die Sterndeuter zum Ziel führt.
Als wir letzten Dienstag in unserer Teambesprechung die Geschichte lasen, fiel uns das auf:
Die Wissenschaftler aus Babylonien, sie erreichen ihr Ziel!
Anders als wir, die wir viele gute Vorsätze zum neuen Jahr schon wieder über den Haufen geworfen haben.
Die Weisen aus dem Morgenland, sie stehen und sie gehen unter einem guten Stern. König Herodes hilft dabei sogar mit.
Na klar, wir wissen, auch Matthäus 2 ist eine Legende. Es wird wohl keinen mitwandernden Stern gegeben haben.
Doch schon Johannes Kepler im 16. Jahrhundert hat es errechnet: Dass der Planet Jupiter besonders hell gestrahlt haben müsste zur Zeit der Geburt Jesu.
Hier könnte es zu finden sein, das Korn Wahrheit, das auch jeder Legende innewohnt.
Aber was ist schon Wahrheit? Das fragen außer Pilatus auch wir.
Wir wissen, dass diese zweite Weihnachtsgeschichte bis heute Menschen wahrhaftig bewegt.
Allein bei uns in Deutschland über 300.000 Sternsinger, die die Buchstaben C & M & B mit geweihter Kreide an Haustüren schreiben. Dabei nicht mehr klassisch betteln wie früher. Vielmehr Geld sammeln für sinnvolle Kinderprojekte in ärmeren Ländern. In diesem Jahr besonders für das bevölkerungsreiche Indonesien.
Auch das reformierte Kirchenamt in Leer wurde vorgestern auf diese Weise gesegnet. Das kann auf keinen Fall schaden!

Die drei Buchstaben sind ja mittlerweile ökumenisch offen interpretierbar als Christus Mansionem Benedicat:
Christus segne dieses Haus!
Auch für Evangelen aller Art zu 100 % akzeptabel, dieser Wunsch!
Und wenn wir schon gerade im Bildungsteil der Auslegung sind: Ich rufe die drei Namen in Erinnerung, die die Sterndeuter im Lauf der ersten Jahrhunderte n. Chr. zu Königen machten.

Caspar, vom Altiranischen her bedeutet der Name Schatzträger, bringt das Gold. Das Wertvollste, was die Erde hervorbringt

Melchior steht auf Hebräisch für „Mein König ist Licht.“
Der lässt mit Weihrauch die Königswürde Jesu erschnuppern.

Und drittens Balthasar, neubabylonisch für Der Herr schütze den König. Sein Geschenk Myrrhe ist ein Kraut mit Heilkraft – gerade auch für einen, der den Weg des Leidens gehen wird.

Wie nun genau aus den Sterndeutern Könige geworden sind?
Das wissen wir nicht.
Mir selbst ist noch lebhaft in Erinnerung die Erklärung, die Professor Friedrich Wilhelm Marquardt gab. Während meines Studiums Mitte der 80er Jahre. In einer Epiphanias-Predigt in der Annenkirche Berlin-Dahlem.
Er fand diese Königwerdung biblisch begründet. Im Urbild der Königin von Saba, das im Lesungstext anklang.
Auch sie kam damals aus dem Morgenland, aus Süd-Ost, aus dem Jemen. Und nun sind es zoroastrische Priester aus Babylon, so viel weiß man sicher, die sich auf den Sternenweg machen.
Sie bringen das zurück, was Jahrhunderte vorher die babylonische Großmacht den deportierten Juden genommen hatte. Nämlich die Würde eines freien Gottesvolkes. Das seine bleibende Aufgabe in der gesamten Weltgeschichte hat. Die jetzt neu begründet wird.
Dafür stehen als kräftige Symbole die Geschenke, die später die Dreizahl der heiligen Könige begründen: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Und was bedeutet nun ganz praktisch für uns diese wundervolle Legende? Da könnten wir nun in eine längere Bildmeditation eintreten. Über das eben verteilte Foto von der gut 900 Jahre alten, das Herz erwärmenden Skulptur aus Autun. Die ein gewisser Giselbertus für die französische Kathedrale dort schuf.
Basierend auf dem letzten Vers (12) unseres Predigttextes:

Weil aber ein Traum sie angewiesen hatte, nicht zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg heim in ihr Land.

Wir wissen, dass Herodes noch zum Zuge kommen wird. Der Kindermord steht noch bevor.
Der Ausweg aus dem harten Alltag dieser Welt aber ist eröffnet.
Den wahren neuen König wird Herodes nicht erwischen.
Dessen Gegenbewegung ist unumkehrbar.
Der wird noch predigen und mit seinem Leben dafür zeugen:

Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Die acht Strahlen des Morgensterns rechts oberhalb der träumenden Könige, sie stehen für acht Seligpreisungen Jesu.
Wir haben sie vorhin als Bekenntnistext gehört.

Der eine König hat die Augen schon offen. Alle drei werden ab jetzt den Frieden weitergeben, den sie empfangen haben. Das können auch wir - mit den Augen, die uns das Christfest wieder geöffnet hat. Für die Welt, wie sie nach Gottes Willen sein soll.
Zu der wir nach wie vor unseren Beitrag leisten werden.

Ich schließe mit Martin Luther Kings letzter Weihnachtspredigt aus dem Jahr 1967 unter der Überschrift Friede auf Erden:

Diese Weihnachtszeit findet uns als ziemlich rastloses Menschen-geschlecht. Wir haben weder Frieden in uns noch Frieden um uns.
Überall quälen lähmende Ängste die Menschen bei Tag und verfolgen Sie bei Nacht. Unsere Welt ist krank an Krieg.
Wohin wir uns immer wenden, sehen wir seine verhängnisvollen Möglichkeiten. Und doch, meine Freunde, kann die Weihnachtshoffnung auf Frieden und guten Willen unter allen Menschen nicht länger als eine Art frommer Traum einiger Schwärmer abgetan werden…
Ich träume auch heute noch davon, dass eines Tages der Krieg ein Ende nehmen wird. Dass die Männer ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen, dass kein Volk wider das andere ein Schwert aufheben und nicht mehr kriegen lernen wird...
Ich träume noch immer davon, dass wir mit diesem Glauben imstande sein werden, den Rat der Hoffnungslosigkeit zu vertagen und neues Licht in die Dunkelkammern des Pessimismus zu bringen. Mit diesem Glauben wird es uns gelingen, den Tag schneller herbeizuführen, an dem Friede auf Erden ist. Es wird ein ruhmvoller Tag sein, die Morgensterne werden miteinander singen und alle Kinder Gottes vor Freude jauchzen.

Und Gottes Friede, der weiter reicht als alle menschliche Vernunft, der wird unsere Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus. Amen.