Heute, liebe Gemeinde, haben wir ein Stück Weltliteratur als Predigttext.
Es handelt sich um das Hohelied der Liebe aus dem 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes.

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung Liebe diese drei; die größte unter Ihnen ist aber die Liebe“,  „Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf“ oder auch „Die Liebe höret nimmer auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird.“ – all das sind bekannte Verse aus diesem berühmten Text und nicht wenigen Hochzeitspaaren dient der ein oder andere Vers als Trauvers.

Was zu einem solchen berühmten Text sagen? Als Theologin hier etwas zu erklären würde dem Text wahrscheinlich gar nicht gerecht werden. Da steckt so viel Poetik, Tiefe und Weisheit drin. Er spricht für sich. Wie also der Bedeutung dieser berühmten Zeilen und den Fragen "Was ist Liebe?", "Was macht die Liebe Gottes aus?" auf die Spur kommen?
Heute helfen uns dabei zwei Personen und ihre Geschichten. Wir hören von Cornelius und Marie, die sich wohl nie begegnet sind. Denn Marie kommt aus unserer Zeit und Cornelius aus der Zeit des Korintherbriefes im 1. Jahrhundert nach Christus. Zwei Geschichten von zwei Menschen wie es sie geben könnte. Und die erste Geschichte beginnt direkt in Korinth.

 

Vielfalt will gelernt sein

Bei sengender Hitze schlüpft Cornelius auf dem Marktplatz von Korinth in den Schatten seines Lieblingsstandes für Obst und Gemüse. Herrlich diese Auswahl an delikaten Oliven und saftigen Granatäpfeln. Heute ist er für das gemeinsame Abendessen zuständig. So greift er bei den Köstlichkeiten großzügig zu: „Das wird ein Festmahl, da werden mir dir Komplimente sicher sein.“ Gut, dass er dieses Mal für den Einkauf zuständig ist. Wie nervig es das letztes Mal gewesen war mit Helena über die moralisch richtige Fleischauswahl zu diskutieren. Die ist immer so supervorsichtig und ethisch korrekt. Besser sie mischt sich nicht immer in alles ein. Er bezahlt und schlendert weiter. Hier im bunten Treiben brummen die Geschäfte. Einfach herrlich, was man da alles entdecken kann, so vielfältige Angebote. Griechische, römische, orientalische Einflüsse. Was ist er froh in dieser aufstrebenden Weltmetropole Korinth auch selbst als Händler gut Fuß gefasst zu haben.
Cornelius biegt ab auf den staubigen Weg in Richtung Synagoge zum Haus von Titus Justus. Dort befindet sich ihr erster frisch eröffneter Gemeinderaum, in dem sie sich regelmäßig treffen. Eine spannende Truppe völlig unterschiedlicher Leute. Über seinen Freund Markus hat er die Gruppe kennengelernt. Er freut sich auf das Miteinander. So toll hier frei von beruflichen Labeln zusammenzukommen. Egal wo man herkommt, alle sind willkommen. Die Geschichten über Jesus gehen ihm ans Herz. So inspirierend, wie dieser Mann gelebt, geliebt, vergeben und geheilt hat. Als er mit seinen Einkäufen am Haus von Titus Justus ankommt fällt sein Blick auf einen neuen Aushang am Schwarzen Brett.

 

Ein attraktives Angebot?!

Stellenangebot

Wir sind die christliche Gemeinschaft vor Ort. Ausgehend vom Leben und Wirken Jesu, dass uns alle zusammenhält, bauen wir hier ein Miteinander auf, in dem jeder und jede willkommen ist. Wir schätzen und achten einander, egal aus welchem Kulturkreis, welchem Berufstand oder Geschlecht. Gemeinde zeigt sich bei uns in vielfältiger Liebe zueinander, gewirkt und gestiftet durch Gott selbst.

Das werden Sie tun…

Wir suchen Weggefährtinnen und Weggefährten, die sich mit ihren Gaben und Ideen einbringen. Ob in der Küche, in diakonischen Angeboten oder musikalischer Gottesdienstgestaltung.

Bei uns sind Sie richtig, wenn Sie

  • Interesse haben zu entdecken, was es heißt Jesu Nachfolger und Nachfolgerin zu sein
  • Zusammenhalt und Orientierung suchen
  • Lust haben ganz andere Menschen kennenzulernen und Anderssein aushalten
  • Lernwillig sind und sich Fehler eingestehen können
  • Miteinander vor Moral stellen
  • Mit Liebe statt aus Eigennutz Aufgaben und Dienste übernehmen

Unsere Angebote:

  • Das Wesen der Liebe Gottes ist Basis unseres Miteinanders
  • Hier wird der Charakter der Liebe Gottes konkret
  • Wir sind gemeinsam auf dem Weg, auch wenn wir Fehler machen und in manchen Dingen des Lebens nur Bruchstücke verstehen

 

Zum Scheitern verurteilt?!

Katrin dreht den runden Regler an ihrem Autoradio lauter und beginnt mitzusingen:

„People killin‘, people dyin‘. Children hurt, hear them cryin’. Can you practice what you preach. Or would you turn the other cheek? Father, Father, Father, help us. Send some guidance from above ‘Cause people got me, got me questionin’ Where is the love (love) Where is the love?"

„Ach, so viele Orte ohne Liebe“, denkt sie sich, „Wo ist die Liebe nur geblieben?!“ Sie ertappt sich, wie sie mal wieder verstohlen auf ihre leere rechte Hand blickt. Da war er mal, der Ehering. Sie fährt mit dem Daumen über die Innenseite ihres Ringfingers. Nackt und kalt fühlt sich diese Stelle an. Wer ist sie nun? Wie kann sie ihr Leben wieder neu zusammenpuzzeln? Wenn nur diese Einsamkeit nicht so über ihrer Wohnung und ihrem Herzen schweben würde. Wie gut, dass sie gerade unterwegs ist zu ihrer Freundin Marie. Die laute Stimme einer Radiowerbung unterbricht ihre Grübelei.

 

Ein Hoch auf Gemeinde

Sie sehnen sich nach Miteinander statt Gegeneinander?
Sie suchen Halt statt Heimatlosigkeit?
Sie wollen sich mit Ihren Fragen und Ideen neu auseinandersetzen?

Wir kennen einen Ort, an dem wir gemeinsam unterwegs sein können.
Wir kennen einen Ort, an dem Fehler machen und scheitern erlaubt ist.

Hier wächst Glauben aus ratlosem Grüben und inneren Zweifeln.
Hier prägt Liebe das Miteinander trotz aller Verschiedenheit.
Hier bestimmt Hoffnung den gemeinsamen Kurs in Richtung Zukunft.

Kommen Sie vorbei!

Es grüßt sie herzlich
Ihre Evangelische Kirchengemeinde vor Ort

 

Sehen und gesehen werden

Zurück in Korinth. Beim Lesen der Stellenausschreibung stoppt Cornelius bei der Zeile „Mit Liebe statt aus Eigennutz Aufgaben und Dienste übernehmen“. Er schaut auf seine vollgepackten Einkaufstaschen und seine Schultern sacken mehr und mehr zusammen.
Klar, er schwärmt von der großen Vielfalt an Menschen und Begabungen in der Gemeinde. Aber hier fühlt er sich ertappt. Was wenn ihm heute keiner Komplimente macht für die aufwendig vorbereiteten und großzügig eingekauften Speisen? Dienen, Dienst. Dazu wurde in den letzten Wochen viel debattiert. Es wäre wohl auch ein Dienst am Nächsten auf bestimmte Dinge zu verzichten. Das bringt ihn ganz schön aus seiner Komfortzone heraus.

„Hallo Cornelius, schön dich zu sehen“, so reißt ihn Titus Markus im Türeingang aus seinen Gedanken: „Wie geht es dir?“ „Hey, ich freu mich hier zu sein. Mir geht’s soweit ganz gut. Du, die Stellenausschreibung ist ja gut geworden. Aber der Teufel steckt wohl im Detail.“ „Was meinst du?“ „Also Miteinander vor Moral stellen, völlig uneigennützig dienen? Das krieg ich nicht hin.“ „Das musst du auch nicht.“ „Wie jetzt?“ antwortet Cornelius verunsichert: „Ich dachte ich gehöre auch zu den Mitarbeitenden hier.“
„Na klar, aber hast du die Ausschreibung zu Ende gelesen? Da steht ,Wir sind gemeinsam auf dem Weg, auch wenn wir Fehler machen und in manchen Dingen des Lebens nur Bruchstücke verstehen. Das Wesen der Liebe Gottes ist Basis unseres Miteinanders.‘ Ich glaub du willst von dir aus dahinkommen. Aus eigener Kraft. Unmöglich. Doch Jesus hat  schon alles für uns erledigt. Er zeigt, was es heißt aus Liebe einander zu dienen und sich von Gottes Liebe prägen zu lassen. Gottes Liebe ist unsere größte Gabe, sein Geschenk an uns. Wir müssen das nicht allein wuppen. Das meint Nachfolge.“
„Puh, Gottes Liebe in den kleinen und großen Dingen meines Lebens entdecken. Mich davon anstecken lassen. Okay. Doch wie sieht das konkret aus?“

Der Herzschlag Gottes

„Die Liebe ist geduldig.
Gütig ist sie, die Liebe.
Die Liebe ereifert sich nicht.
Sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf.
Sie ist nicht unverschämt.
Sie sucht nicht den eigenen Vorteil.
Sie ist nicht reizbar und trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht, wenn ein Unrecht geschieht.
Sie freut sich aber, wenn die Wahrheit siegt.
Sie erträgt alles. Sie glaubt alles.
Sie hofft alles. Sie hält allem stand.“
1. Korinther 13,4-7

 

Gemeinsam unterwegs

Mit ihrem Auto biegt Katrin auf die Hauseinfahrt ihrer Freundin Marie ein. Die hat ihr Ankommen schon bemerkt und steht mit ihren Laufschuhen freudestrahlend in der Eingangstür. Die beiden Freundinnen umarmen sich herzlich und starten ihre Joggingroute gemeinsam in Richtung Wald.

„Mensch, du glaubst nicht was ich eben für eine Werbung im Radio gehört hab“, beginnt Katrin das Gespräch: „Das war Werbung für die evangelische Kirchengemeinde vor Ort. Ein Ort, wo gemeinsam geglaubt, geliebt und gehofft wird. Das hat mich an unsere Jugendzeit erinnert. Weißt du noch auf den Sommerfreizeiten?“ „Ja, da war immer ein richtig starkes Miteinander und gute Stimmung.“ „Irgendwie hab ich das im Laufe der Jahre vertrödelt. Ich meine, Gott ist mir schon noch wichtig. Ich glaube, dass es den gibt. Aber wie das da beschrieben war, wie Gottes Liebe uns in unserem Leben Halt gibt, das wär schon was.“ „Das wär gut.“ überlegt Marie „Ich würd mich gern von so einer Liebe anstecken lassen, dann wär mein Puls bei meiner Arbeitskollegin nicht immer direkt auf 180. Ich wünschte mir, ich könnte anders mit ihr umgehen.“ „Echt nicht leicht, die hat dich doch erst neulich wieder so vorgeführt. So oft sind wir verletzte Menschen und sind dann selbst lieblos. Klar, Gottes Liebe verändert. Ich bin eine andere durch die Liebe Gottes und doch bleibt vieles bruchstückhaft.“

Die beiden laufen eine Weile schweigend nebeneinander her. Der Anstieg lässt ihren Puls höher schlagen. Erschöpft setzen sie sich auf eine Bank und atmen tief durch.

Dann sagt Marie: „Vielleicht ist es mit der Liebe so wie hier auf der Wegstrecke. Mit uns geht es nur schrittweise voran und wir kommen aus der Puste. Da hilft es bewusste Pausen zum Atem holen einzulegen. Darin Gottes Gegenwart neu zu spüren. Auf Gottes Herzschlag zu hören und so wieder in einen guten Rhythmus und Takt zu kommen.“

 

Der Weg und das Proviant

„Jetzt sehen wir nur ein rätselhaftes Spiegelbild.
Aber dann sehen wir von Angesicht zu Angesicht.
Jetzt erkenne ich nur Bruchstücke.
Aber dann werde ich vollständig erkennen,
so wie Gott mich schon jetzt vollständig kennt.
Was bleibt, sind Glaube, Hoffnung, Liebe – diese drei.
Doch am größten von ihnen ist die Liebe.“
1. Korinther 13,12-13

Amen.

 

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